Mi·ni·sterz·haw, der: freundschaftliche, turnierartige Veranstaltung von Fechterinnen und Fechtern zur ersatzweisen Herstellung einer Wettkampfsituation; alternative Möglichkeit zur Vergabe von Preisen für eine nicht abhaltbare Großveranstaltung.
von Harald Meindl
Prolog (melancholisch)

Es hätte so schön werden können: die organisatorische Vorarbeit war von vielen fleissigen Menschen vorbildlich abgearbeitet worden, die Werbung lief richtig gut, die T-Shirts waren bedruckt und geliefert, die schönen, regional gehaltenen Preise gestiftet und eingesammelt, die Teilnahmebeiträge eingezahlt – und dann kam der Lockdown. Im März diesen Jahres machte uns die Pandemie noch einen Strich durch die Rechnung und verhinderte die Veranstaltung eines Fechtevents in der Südsteiermark, das die PSV-Sektion HEMA und INDES Graz gemeinsam ausrichten wollten. Der „Sterzhaw 2020“ konnte nicht stattfinden.
Aber jetzt!
Nach einem kurzen Dornröschenschlaf wurde das Training bei uns wieder vorsichtig aufgenommen, Bald war klar, dass der Sterzhaw auf jeden Fall nachgeholt werden würde, erster Versuch 2021. Aber was würde aus all den schönen Preisen, die die OrganisatorInnen so eifrig gesammelt hatten und die nun in deren Wohnungen vor sich hin schlummerten? Wäre es möglich, unter Einhaltung aller zur Zeit notwendigen Maßnahmen etwas auf die Beine zu stellen, das einem Bewerb zumindest nahekommt? Es war möglich. In kleinem Rahmen, ohne großartige Werbefeldzüge wurden Fechterinnen und Fechter aus befreundeten Vereinen informiert und zu einem „Mini-Sterzhaw“ eingeladen, ein gemeinsamer Termin war bald ausgemacht. Und dann war der 8.September 2020 da.
Kein Turnier!
Von Anfang an war es unsere Absicht, kein reguläres Turnier mit allen Schikanen abzuhalten, sondern eine Turniersimulation zu veranstalten, die sich weder in den Rankings des ÖFHF noch sonst wo auswirken würde. Wichtigster Unterschied zu einem Bewerb: die Treffer sollten von den FechterInnen jeweils selbst angezeigt werden, was ein hohes Maß an Fairness voraussetzt. Wie sich zeigte, waren wir zu Recht optimistisch genug, diese Variante zu wählen: die Kampfrichter Benedikt, Rainer und Julia hatten mehr mit dem Verwalten der angezeigten Treffer und mit dem Abwägen, ob die Intensität für einen regulären Punkt ausreichend gewesen war, zu tun als mit dem Entlarven von Punkteräubern oder dem Vergeben von Ermahnungen und Verwarnungen wegen zu großer Härte oder anderer Unsportlichkeiten. Trotzdem waren Länge der Gefechte, Trefferzahl und die meisten anderen Details von einem regulären Turnier kaum zu unterscheiden.


Neun FechterInnen aus Wien/Niederösterreich und der Steiermark konnten sich in der Turnhalle des PSV in zwei Gruppen in mehreren Vorrunden eine günstige Position für die Finalkämpfe erarbeiten. Besonders schön war, dass auch absolute Turnierneulinge teilnahmen
und so einmal „Turnierluft“ schnuppern konnten. Durch die kleine Anzahl der Teilnehmenden waren die Wartezeiten gering, und während sich die Finalisten noch die vorderen Plätze ausfochten, wurde auf der Nachbarbahn bereits ausgiebig und mit Genuss geübt. Dass alle beteiligten Vereine schlussendlich auch noch auf das Stockerl kamen, rundet das harmonische Bild des Mini-Sterzhau 2020 nur noch ab. Als verdienter Sieger ging schließlich Georg vom Platz, die zuvor erwähnten sich zuhause stapelnden Preise fanden mit Alexander, Kauffi und Harald ihre weiteren Gewinner und nachdem auch noch beim abschließenden Zusammensitzen im „Bernsteiner“ keine Verletzungen gemeldet wurden, ist es nicht übertrieben, von einer vollständig gelungenen Veranstaltung zu sprechen.

Warum machen wir sowas?
Was fasziniert an einem Fechtturnier? Es wäre unredlich zu leugnen, dass sich kurz vor dem Bewerb ein gewisser Nervenkitzel bei den TeilnehmerInnen einstellt. Das Spiel zwischen dem Vertrauen in die eigenen Trainingserfolge und der Ungewissheit über die fechterischen Fähigkeiten der Gegnerinnen und Gegner erzeugt eine Spannung. Ich denke, diese Spannung zu suchen und zu erleben ist ein starkes Motiv, sich in ein Turnier zu begeben. Natürlich hat auch das alte, einfache Spiel „Wer ist besser?“ seinen Reiz. Es ist nicht unspannend, sich selbst dabei zu beobachten, wann der Ehrgeiz, ein Gefecht für sich zu entscheiden, dann doch einsetzt. Aber ein wichtiges (wenn nicht das zentrale) Motiv ist die Gelegenheit, dem Erlebnis einer historischen Duellsituation ein gutes Stück weit näher zu kommen als in Training oder bei Sparringeinheiten. Sich einerseits auf die Auseinandersetzung einzulassen und andererseits darauf verlassen zu können, dass die Treffer, die man setzt und die man einsteckt keinen wirklichen Schaden anrichten werden, versetzt (zumindest mich) in einen Zustand hoher Konzentration, Anspannung aber auch Leichtigkeit, der sonst kaum erlebbar ist. Und ja, der Papa freut sich einfach, wenn die Tochter endlich auch einmal ihre ersten Punkte am Turnierplatz erfochten hat: Gratuliere, Leonie! Daher ist es auch unbedingt notwendig, sich bei den vielen Händen und Köpfen zu bedanken, die die trotz geringer Größe beachtliche Vorarbeit geleistet haben und sich während der Veranstaltung als Richter, ProtokollantInnen, Möbelträger usw. zur Verfügung gestellt haben: Danke Gerhild, Rainer, Gudrun, Benedikt, Hannah, Julia! Ihr habt zum Teil sogar auf den Genuss des Fechtens verzichtet, um uns ein wirklich schönes Erlebnis zu ermöglichen, danke!

Stichwort Preise!
Wir bedanken uns natürlich auch herzlich bei unseren Sterzhaw-Sponsoren die die Preise schon zur Verfügung gestellt hatten. Ganz besonders dem Aronia Hof Kober, dem Bauernladen Pöllauberg und dem Genussladen Altenmarkt. Man muss aber keine Turniere gewinnen um diese steirischen Köstlichkeiten zu genießen. Sämtliche Produkte kann man unter www.genuss-abhof.at bestellen.
Fotos: Gudrun Grabitzer, Gerhild Grabitzer, Elisabeth Kaly
Editiert von: Gerhild Grabitzer
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