Lisi hat uns bei dem ersten Turnier bei dem wir auf sie getroffen sind sehr beeindruckt. Ihr Zugang zu HEMA ist facettenreicher als der der Meisten, die Energie die sie auf den Kampfplatz bringt eine andere. Ich freue mich sehr hier einen Text von ihr veröffentlichen zu können.
„Der Weg ist das Ziel“, denke ich mir, während ich mich mit Reiserucksack, Baumwollsackerl und löchriger Tasche, aus der an sämtlichen Ecken und Ende das Metall meiner klappernden Fechtfeder ragt, in die vollgestopfte U- Bahn dränge. Ich spüre schon die Schweißflecken in meinen Achseln. Genug Wasser habe ich mit, Lesestoff und der Akku meines mp3 Players ist geladen. Es ist Freitagnacht, manche Leute in der U-Bahn fahren zum Feiern, ich fahre auf ein Hema Event.
Mein Körper freut sich schon jetzt auf die Bewegung morgen nach der langen Busfahrt, die ich vor mir habe. Ich weiß bereits, welche Workshops ich besuchen möchte und zum Glück, wo ich übernachte. Morgen Nachmittag werde ich beim Turnier zuschauen. Dabei werde ich wahrscheinlich aufgeregter sein, als wenn ich selbst mitfechten würde, denn da fehlt mir meist die Zeit für Aufregung. Aber ich möchte auch mit möglichst vielen Leuten sparren.
Leute zu fragen, ob sie mit mir sparren, das fällt mir gar nicht so leicht; es ist für mich, wie Leute zum Tanzen aufzufordern
Hema sehe ich als Kampfkunst und nicht als „Sport“. Hema ist für mich, die Bewegungsformen und Bewegungsmöglichkeiten meines Körpers zu erkunden, zu erweitern und mich immer wieder der Faszination von Bewegung, Kontrolle und Loslassen zugleich, hinzugeben.
Und trotzdem machen mir Turniere und Sparring, die Hema eher zum „Sport“ machen, großen Spaß.
Ich freue mich darauf, im Sparring zu entdecken, dass manche Techniken bereits in meine Bewegungsabläufe integriert sind, dass manches automatisch funktioniert. Ich finde, Techniken können nicht zu oft wiederholt werden; so wie alles sehe ich auch das Fechten in einem steten Fließen; meine Art zu fechten verändert sich laufend. Und das ist für mich eine riesengroße Faszination. Das einzig Beständige im Leben ist seine Unbeständigkeit. Das trifft eben auch aufs Fechten zu.
Ich höre Folkmusik, schwitze und denke ans Tanzen. Fechten und Tanzen haben für mich einige gemeinsame Elemente. Bei beidem geht es darum, eine stabile Mitte zu haben, den Schwerpunkt ein Stück nach unten zu verschieben, locker und beweglich in den Knien und Hüften zu sein, ohne dabei umher zu schlackern. Beinarbeit ist wichtig im Fechten und Tanzen hilft mir dabei, mehr aus den Möglichkeiten, die mir ein Kampfplatz bietet, heraus zu holen. Ich finde es viel spaßiger, sich zu umrunden und alle Richtungen auszuschöpfen, als stets linear nach vorne und hinten zu gehen. Nicht, dass mir immer gelänge, so zu fechten!
Ich freue mich darauf, meine Muskeln zu spüren und auf die schöne, gute Erschöpfung nach den kommenden beiden Tagen. Sonntagnacht werde ich wieder in einem Flixbus sitzen und mich dieser ganz eigenen Melancholie hingeben, die solchen Events nachfolgt.
So, jetzt aber genug in die Zukunft geschwenkt, vor allem hat es noch nicht einmal begonnen und ich denke schon an das Ende!
Ich sehe zum Glück bereits meinen Bus, jetzt noch darauf hoffen, dass nicht nachgefragt wird, was ich in meiner Tasche transportiere!

Lisi ficht, tanzt Bal Folk, macht Aerial Silk, Kickboxen, fährt Schi und Snowboard, wandert; läuft und bouldert ab und an. Studiert Zeitgeschichte und Gender Studies, hat einen Abschluss in Philosophie. Und ist sehr dankbar, dass sie diesen Text schreiben durfte.