Doris erklärt im Folgen warum Frauen heutzutage Walpurgis sein sollten, was HEMA zu so einem gleichberechtigten Sport macht und warum Frauen es angehen sollten.
Bereits im Kindergarten hatte ich den ersten Identitätskonflikt meines Lebens. Es war eine absolute Selbstverständlichkeit, dass Mädchen in der Puppenecke und Burschen mit den Spielzeugfahrzeugen spielten. Was wenn man, wie ich, als Mädchen ein absolutes Faible für Traktoren (Die Blauen waren
die Geilsten!) und eine Abneigung gegen Puppen hat?
G’schissen G’rissen. Ich fühlte mich bei beiden Parteien fehl am Platz und bin mir sicher, dass ich nicht die Einzige war. Man könnte hier das frühe Aufzwingen von Geschlechterrollen, mit all den verbundenen Konsequenzen in Bezug auf Risikobereitschaft, soziale Kompetenz, räumliches Vorstellungsvermögen
und, und, und, kritisieren. Mach‘ ich aber ein anderes Mal.
Was mir viel mehr am Herzen liegt ist, dass es auch anders geht. Ich habe einen Platz gefunden an dem die Grenzen zwischen Mann und Frau nicht einbetoniert sind; Unsere HEMA Szene!
Wir trainieren gemeinsam, wir schwitzen gemeinsam und wir können gemeinsam in Wettkämpfen gegeneinander antreten und es soll so bleiben. Mann und Frau treten als gleichwertige Gegner an. Gleichberechtigter geht’s nimmer und das ist gut so.

Doch wenn die Hemmung für manch eine zu groß ist, es werden genauso reine Frauenbewerbe angeboten. Die Geschlechtergrenzen sind so starr, sogar beim olympischen Sportschießen wird getrennt. Ich kann‘s niemandem verübeln die Zehen zuerst in bekanntes Gewässer zu tauchen. Leider, und das finde ich mitunter eines der größeren Probleme, sind wir nicht unbedingt viele Frauen, weder in Bewerben, noch im Training. Es ist schade, dass sich so wenige Damen zu unserem Sport hingezogen fühlen und ich denke, das sollte sich ändern!
In den meisten Köpfen hat nicht die Prinzessin Speer, Dolch oder Schwert in der Hand, wenn man ans Mittelalter denkt. Natürlich, im historischen Kontext wird der Kampf der männlichen Rolle zugeschrieben. Ich finde dennoch, dass wir als moderne Gesellschaft vom Bild des Mannes in glänzender Rüstung, der das edle Fräulein beschützt, abkommen sollten. Denken wir lieber an Walpurgis aus Manuskript 1.33 die sich selbst zur Wehr setzt!

Wir haben mehr davon, wenn wir unsere Einstellungen überdenken. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, mir hat der Sport mehr gebracht als körperliche Fitness und einen riesigen Haufen Spaß. Am Anfang hatte ich noch ziemlichen Respekt vor den Waffen. Erst im Laufe der Zeit habe ich gelernt, dass man mit genügend Kontrolle, sich und seinen Trainingspartner selbst ohne Schutzausrüstung nicht verletzt.
Wer über die Puppenecke hinausblickt, erkennt den Spaß am richtigen Einschätzen von Risiken.
Natürlich nicht zu vergessen, die soziale Komponente. Die Szene ist klein, aber herzlich, man kennt und hilft sich untereinander. Ich kann jedem empfehlen uns mindestens zu besuchen.
Also liebe Damen (und Herren) schaut’s mal vorbei!

Die Autorin, Doris Hochenauer von der Sportunion Historisches Fechten St.Pölten ficht seit 2017. Sie war sowohl bei der Österreichischen Meisterschaft 2018 (offen) als auch der NÖ-LM 2018 dabei.